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Hier wachsen Krummhölzer, ...
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In Carriacou waren wir vier Tage.
Da es hier einen hochgelobten Werkzeugmacher gibt, haben wir mal wieder
versucht einige Reparaturaufträge zu vergeben, unter anderem gibt
es wieder Probleme mit unserem Herd (die unendliche Geschichte...), zur
Zeit sind es zwei leckende Brenner. Aber die Segelsaison geht zu Ende
und so erfahren wir, dass der gesuchte Techniker leider in den Urlaub
geht Wir müssen also weiterhin jeden Morgen das Petroleum aus den
Vorwärmschalen wischen...
Carriacou ist bekannt für den traditionellen Schiffbau. Hier werden
die hölzernen Inselschoner von Nachfahren schottischer Bootsbauer
nach Augenmaß (!!!) gebaut. Am Strand wächst auch gleich das
benötigte Krummholz. Es ist beeindruckend das Gerippe des im Bau
befindlichen Schiffes am Strand stehen zu sehen.
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... die dann im Schiffbau verwendet werden.
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Von Carriacou ist es nur eine geruhsame kleine Tagestour bis Grenada.
Wir bleiben in St. Georg der Hauptstadt. Sie gilt zu Recht als die schönste
Hafenstadt der Karibik. Die Carenage, der Hafen ist von englisch-gregorianischen,
pastellfarbenen Häusern mit roten Ziegeldächern aus dem 18.Jahrhundert
umschlossen.. In kleinen Gässchen schlängelt sich der Verkehr
bergauf und bergab. Mit unglaublicher Geschwindigkeit und das meist ohne,
dass es Bürgersteige gibt. Vom südlichen Ende der Carenage zieht
sich in einem langen Bogen "the Lagoon", der Yachthafen. Dort
lagen wir zwei Wochen lang. Nach der Natur und Einsamkeit habe ich es
sehr genossen, mal wieder etwas länger in einer Stadt zu sein: mal
eben mit dem Dinghy in die Stadt düsen, um zum Internet Cafe zu gehen
oder abends auf der Terasse des Nutmeg-Restaurants gebratenen fliegenden
Fisch zu essen, das hatte schon was. Einziger Nachteil: wir mussten auf
unser morgendliches Bad verzichten (dazu lagen zu viele Segler in der
engen Bucht und fast alle haben ihre Abwässer in die Lagune gepumpt).
Da wir hier aber problemlos Wasser nehmen konnten gab es statt dessen
zur Abwechslung eine Süßwasserdusche an Deck.. Auch nicht schlecht.
Mai ist Mangozeit und ich liebe Mangos!!!
Jetzt werden sie alle zur gleichen Zeit reif und auf den Strassen unter
den Mangobäumen liegen sie in Mengen, es gibt so viele, dass sich
kaum noch einer nach dem Fallobst bückt. Ich hätte nie gedacht,
dass es so viele Sorten gibt (fast so viele wie Apfelsorten): riesige
mit winzigem Kern, mittlere, kleine mit großem Kern, dafür
am süßesten, faserige, pfirsichartige, längliche, ovale,
geschwungene, grüne, gelbe, rote, besonders aromatische, besonders
saftige...jeden Morgen gibt es schon einige zum Frühstück, dann
noch mal zwischen durch, zum Nachtisch, sie sind so köstlich, hoffentlich
dauert die Saison noch lange.
Ach ja, Mango Chutney kann man auch wunderbar selbst machen:
4 unreife grüne mittelgroße Mangos
250g Rohrzucker
250 ml Essig
2-3 Chilis, fein gewürfelt
1 EL frischen geriebenen Ingwer (mindestens)
2 TL Garam Marsala
Zucker. Ingwer, Chilis, Essig für einige Minuten kochen lassen, dann
die geschälten und in Stücke geschnittenen Mangos dazu geben
und ca. 1 Stunde kochen bis die Frucht weich ist. Garam Marsala dazu geben
In saubere Gläser füllen. -fertig!
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Kakao wird fermentiert und in der Sonne getrocknet...
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Es war schön, dass wir inzwischen auch etwas engeren Kontakt zu
anderen Seglern bekommen haben. Einige waren schon viele Jahre unterwegs.
International (Schweden, Deutschland, Amerika, Neuseeland) war dann auch
unsere Gruppe als wir einen gemeinsamen Ausflug über die Insel unternahmen.
Grenada wird auch die Gewürzinsel genannt. Zu Recht, denn hier wachsen
Ingwer, Galgant, Lorbeer, Zimt. Nelken, Kakao und vor allem Muskatnuss.
Und die ist so wunderschön! Bei uns fristet "Nutmeg" ja
meist ein trauriges Dasein in Mehlschwitze auf Blumenkohl, hier findet
sie sich in vielen attraktiven creolischen Gerichten, auf dem abendlichem
Rumpunsch und sogar in Form von (leckerer) Marmelade wieder. Und ist unbeschreiblich
schön: die Frucht sieht aus wie eine Aprikose, in dem Fruchtfleisch
findet sich die "Nuss" umschlossen von dem leuchtend roten Geflecht
der Mace. Ein Kunstwerk!
Wir waren noch auf einer Gewürzplantage und konnten die Kakaoproduktion
kennenlernen, sehen wie die gelben, roten und orangenen Schoten direkt
am Stamm wachsen, später die Kerne fermentiert und in der Sonne getrocknet
werden, dann ging es weiter zu Grenadas einziger (und sehr kleiner) Schokoladenfabrik.
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... und in der Chocolat Company zu Schokolade verarbeitet.
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Das Beste war der Duft, überall roch es köstlich nach Schokolade.
Produziert wurde unter anderem mit museumsreifen deutschen Maschinen,
die vor 2 Jahren in New York gekauft wurden. Wir haben nicht nur probieren
dürfen, sondern auch ein kleines Döschen Kakaobutter geschenkt
bekommen und wenn man sich mit der eincremt, dann riecht man auch ganz
wunderbar nach Schokolade...
Inzwischen sind wir von Grenada zu den Islas Testigos gesegelt. Seit
Dezember war es unsere erste Strecke über Nacht. Wir konnten bei
achterlichen 3-4 Windstärken eine ruhige Überfahrt mit atemberaubendem
Sternenhimmel genießen. Jetzt zeigen sich die Sommersternbilder,
der Orion ist verschwunden, dafür sehen wir den Skorpion.
Mit dem Erreichen der Testigos sind wir auch in Venezuela und damit in
Südamerika angekommen. Am Anfang war es nach dem halben Jahr in der
Karibik mit der fast ausschließlich schwarzen Bevölkerung richtig
irritierend nur noch weiße Menschen zu sehen.
Von hier werden wir in 2 Tagen zur Isla Margerita segeln, ein Großeinkauf
für die nächsten 6 Monate steht an. Hier wird es auch für
lange Zeit die letzte Möglichkeit geben e-mails abzuschicken, denn
bis Mitte Juli werden wir uns auf unbewohnten Inseln aufhalten. So lange
muss dann auch der nächste Bericht für unsere Website warten.
Katrin
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Von St. Lucia kommend ließen wir am Spätnachmittag in der
Chateaubelair Bay den Anker fallen. In unserem Segelhandbuch hatten wir
gelesen, dass es sich um eine sehr schöne Bucht handeln sollte und
da sie die erste Bucht St. Vincents war, die genügend Schutz bot,
wenn man - wie wir - vom Norden diese Insel anläuft, hatten wir beschlossen,
hier ein paar Tage zu bleiben. Nur einen Schönheitsfehler hatte die
Sache: Chateaubelair war kein Port of Entry, das heißt, es gab hier
weder Zoll- noch Passkontrolle. Wir hatten aber gehört, dass die
Behörden St. Vincents nicht allzu streng waren und so wollten wir
dann am nächsten Vormittag mit dem Bus nach Barrouallie fahren um
die Einklarierungsformalitäten dort vor zu nehmen. Zunächst
genossen wir aber unseren wunderschönen Ankerplatz. Der Anker hatte
sich nur etwa 60 Meter von einem felsigen, ca. 200 Meter hohen Steilhang
entfernt, in 6 Meter Tiefe im feinem Sand eingegraben. Hier würden
wir ruhig schlafen können. Der Steilhang war über und über
mit Palmen bestanden. Wo zwischen den rötlichen Felsen auch nur eine
handbreit Boden zu sehen war, hatte eine Palme Wurzeln geschlagen. Dazwischen
immer wieder Papayas, auf größeren Flächen gewaltige Mangobäume
und wo es scheinbar gar nicht mehr ging, standen wenigstens noch riesige
Baumfarne. Als die tiefstehende Abendsonne ihr weiches Licht auf diesen
Märchenhang warf, mixten wir uns einen Sundowner und genossen schweigend
dieses Bild.
Aber ich wollte über St. Vincents Busse berichten: wir fuhren am
nächsten Morgen mit unserem Dinghy an Land und erfuhren, dass grad
dort, wo wir standen, so etwa alle halbe Stunde ein Bus nach Barrouallie
fahren würde. Wir warteten also. Nach und nach bekamen wir Gesellschaft.
Als ein gutes Dutzend Leute beieinander standen, wechselten sie so nach
und nach auf die andere Straßenseite. Wir nahmen an, dass sie bei
uns im Schatten eines alten Hauses gewartet hatten, aber in die entgegengesetzte
Richtung wollten. Und tatsächlich kam auch schon ein Bus, alle außer
uns stiegen ein - wir wollten ja in die andere Richtung - und der Bus
kurvte mit quietschenden Reifen um die Ecke. Wenige Minuten später
kam dann unser Bus. Doch hatten wir Pech, er war bis zum aus-den-Nähten-platzen
voll. Eine halbe Stunde später wiederholte sich dieses Spiel, dann
hatten wir begriffen: die Wartenden stiegen in den ankommenden Bus, dieser
drehte eine Runde durchs Dorf, wo er noch den einen oder anderen in sich
reinquetschte und kam erst dann wieder bei uns vorbei. Der nächste
Bus war dann natürlich unser. Durch eine wilde Landschaft ging es
in einer atemberaubenden Fahrt, die sich in engsten Haarnadelkurven den
vielen schluchtähnlichen Einkerbungen der Küste anpasste, nach
Barrouallie. Die Polizeibeamtin, welche die Einreiseformalitäten
erledigte, war keineswegs erstaunt oder gar aufgebracht, dass wir nicht
ordnungsgemäß zuerst einen Port of Entry angelaufen hatten,
im Gegenteil: sie war hoch erfreut, als wir ihr erzählten, dass wir
Chateaubelair so schön fanden, dass wir unmöglich hatten weitersegeln
können. Wir bekamen unseren Einreisestempel und den Hinweis mit auf
den Weg, dass wir - da es hier keine Zollstelle gäbe - doch bitte
bei nächster Gelegenheit einmal den Zoll in einem anderen Hafen aufsuchen
sollten. Die Rückfahrt verlief ähnlich wie die Hinfahrt, nur
ohne Wartezeiten. Nach einigen Tagen versegelten wir nach Young Island,
einer der Hauptinsel vorgelagerten kleinen Insel ganz in der Nähe
der Hauptstadt Kingstown. Hier nun hatten wir reichlich Gelegenheit die
Buskultur in Reinheit zu erleben. Hunderte von Bussen kurven in halsbrecherischer
Fahrt über die Straßen rund um die Hauptstadt. Nie haben wir
länger als zwei Minuten gewartet. Wenn man dann an so einer Straße
steht, so spürt man den Bus zuerst, dann hört man ihn und zuletzt
sieht man ihn um die Kurve fegen. Spüren tut man ihn übers Zwerchfell,
denn die Bässe der Reggaemusik eilen dem hörbarem Ton weit voraus.
(Zumindest kommt es mir so vor - physikalisch geht das natürlich
nicht). Dann also kommt die Musik und zuletzt der Bus. Diese haben alle
die einfallsreichsten Phantasienamen: Big Bang - Rambo - Head Ache - Doctor
Love - Duty Nigga - Mission Controll - um nur einige zu nennen und diese
sind groß, kunstvoll und farbenfreudig über Vorder- und Hinterfront
lackiert. Die Busse selbst sind meist 15-sitzige Japaner, die hier aber
selten unter 20 Personen ausgelastet werden. 22 war das höchste,
was wir erlebt haben. Dabei darf man nicht vergessen, das nicht nur Personen
zur Beförderung anstehen; der Großeinkauf vom Supermarkt findet
auf 10 Plastiktüten verteilt leicht unter den Sitzen Platz, größere
Gegenstände, wie einen Standventilator, kann man gut über 8
Knie legen, Marktfrauen bringen gerne ihren Klapptisch nebst den leeren
Körben und Emailleschüsseln mit, ein alter Farbeneimer mit Frischfisch
findet allemal Platz zwischen den Füßen des Nachbarn. Und immer
ist man fröhlich - lachend werden Bemerkungen ausgetauscht - und
höflich: kaum jemand entert den Bus ohne ein "Good morning"
oder "Good afternoon" in die Runde zu werfen und ein von einem
Rastafari an mich gerichtetes: "How are you brother" und "Have
a nice day both of you" an uns beide gerichtet, ist durchaus ernst
gemeint. Einmal stieg ein junges Paar mit einem Baby ein. Katrin meinte,
das Baby sei höchstens drei Tage alt, wahrscheinlich erst gestern
entbunden. (Als Kinderärztin hat sie natürlich einen Blick dafür).
Bei uns würde man wahrscheinlich sofort in einen Flüsterton
verfallen. Nicht so auf St. Vincent! Man unterhielt sich lachend, musste
dabei die Musik überschreien, die ihre Bässe in das Zwerchfell
hämmerte und das Neugeborene blickte mit glänzenden Äuglein
aus seinem zerknautschten Gesichtchen munter in die Welt, fiel in Schlaf
und erwachte wieder, ohne auch nur einen Mukser des Unbehagens von sich
zu geben. Auch Dienstleistungen, die man bei uns höchsten einem Taxifahren
abverlangt, sind für die hiesigen Busfahrer nichts Ungewöhnliches.
Einmal hielt unser Bus mit quietschenden Reifen vor einem Kindergarten,
hupte lautstark und schon öffnete sich die Tür und heraus stürmte
ein Knirps von vielleicht vier Jahren mit Ranzen auf dem Rücken,
der dann unversehens auf meinem Schoß landete. (Es war der einzige
noch freie Platz). Dem Knirps schien das nichts auszumachen; er war derartiges
wohl gewohnt. Natürlich darf ich nicht vergessen zu erwähnen,
wie anders man sich hier dem Fahrgast gegenüber als Busfahrer verhält.
Wir kamen von einer Wanderung aus den Bergen zurück und sahen plötzlich
wie ein Bus aus einer Nebenstraße in unsere Straße einbog,
einen Fahrgast aussteigen ließ und sich hangabwärts bereits
wieder in Bewegung setzte. Ich stieß einen gellenden Pfiff aus,
wedelte mit den Armen und rannte dem Bus hinterher. Mach ich nie wieder!
Macht nur ein Europäer. Die Leute von St. Vincent heben nur lässig
die Hand und begeben sich dann gemächlich zum Bus. Dieser Bus stoppte,
legte den Rückwärtsgang ein und kam uns entgegen. Ich war einfach
platt. Und dafür zahlt man dann für einen Weg von 45 Minuten
einen ganzen East Caribien $, das entspricht 0,40 €.
Aber natürlich gibt es im Verkehr von St. Vincent nicht nur Busfahrer;
es gibt auch Polizisten.
Zwar gibt es an jeder größeren Kreuzung in Kingstown Ampeln,
in Funktion haben wir keine gesehen. Dafür aber verkehrsregelnde
Polizisten. Schwarz - wie auf St. Vincent nun mal fast alle sind - stecken
sie in klassischen, englischen Uniformen. Dunkelblaue Hosen mit weißen
Biesen, weiße Jacken und steife, weiße Mützen. Schmuck
sehen sie aus und mitten auf der Kreuzung schwenken sie die Arme wie Windmühlenflügel
bei Windstärke neun. Bei genauerem Hinsehen fällt dann allerdings
noch auf, dass diese Windmühlenflügel auch Hände haben
und diese bewegen sich so anmutig wie die Hände einer indischen Tempeltänzerin
- nur zehn mal so schnell.
Ja, das war´s, was ich über die Busse von St. Vincent erzählen
wollte.
Reinhart Bein
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Täglich frisches Obst frei Schiff ind der Rodney Bay
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Die Zeit vergeht immer wie im Fluge; gerade habe ich gedacht, es sei
sicher mal wieder an der Zeit, etwas von uns hören zu lassen und
hab nachgeschaut, wann unser - in diesem Fall Katrins - letzter Bericht
erschienen ist, bzw. über was sie zuletzt berichtet hat. Das war
Martinique. Inzwischen liegen wir in den Tobago Cays vor Anker und St.
Lucia sowie St. Vincent liegen bereits hinter uns. In St. Lucia liefen
wir zuerst die Rodney Bay an, um den Zoll- und Passvorschriften genüge
zu tun. Wie so oft gab es mal wieder etwas für die Techniker des
Ortes zu tun. Unsere Funk-Kurzwellenanlage musste neu eingestellt werden
und der Segelmacher bekam auch noch Arbeit.
Weiter ging es dann zur Marigot Bay.
Diese bezaubernde kleine Bucht ist unter Seglern sehr beliebt - ich selbst
war auch schon einige Male hier - und damit leider auch meist ziemlich
überfüllt. Die Bucht ist von See kommend nur schwer auszumachen.
In der wohl hundert Meter hohen Steilküste befindet sich nur ein
schmaler Einschnitt, dahinter liegt dann ein fjordähnlicher Ankerplatz,
welcher am Ende durch einen palmenbestandenen Sandstrand begrenzt wird.
Erst bei Annäherung an den Strand bemerkt man, dass der Strand zu
einer Halbinsel gehört, die man umfahren kann und dahinter liegt
dann die eigentliche Bucht. Diese einmalige Lage hat sich vor langer Zeit
schon einmal ein französischer Admiral zu Nutze gemacht, als er auf
der Flucht vor einer überlegenen englischen Flotte hier Zuflucht
suchte.
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Marigot Bay
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Nachdem er die Halbinsel umfahren und seine Flotte vor Anker gelegt hatte,
banden die Seeleute Palmwedel an ihre Masten und blieben dadurch für
die vorbeifahrenden Engländer unsichtbar, die nicht ahnten, dass
sie dem Feind auf nur eine halbe Meile nahe gekommen waren. Auch die Walt
Disney Production hat sich diese einmalige Kulisse schon zu Nutze gemacht,
in dem sie hier den Film "Dr. Doolittle und seine Tiere" drehte.
Während unserer Liegezeit hier stellten wir des öfteren fest,
dass unsere Bananen (wir hatten immer eine kleine Staude am Großbaum
hängen) am Morgen Fraßstellen aufwiesen. Lange konnten wir
uns keinen Reim darauf machen, bis wir die Missetäter eines Abends
erwischten. Fledermäuse mögen Bananen!
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Fledermäuse mögen Bananen
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Nach einigen geruhsamen Tagen segelten wir weiter zu den Pitons. Zwei
spitze, dicht bei einander stehende Vulkankegel von 750, respektive 800
m Höhe erheben sich unmittelbar an der Küste aus der bergigen
Tropenlandschaft. Ankert man wie wir direkt unter ihnen, so hat man -
besonders bei Sonnenaufgang, wenn die Kegel bereits von der Sonne angestrahlt
werden, die Küstenregion aber noch im Schatten liegt - ein überwältigendes
Szenario. Hier lohnt sich frühes Aufstehen! Hinter den Pitons liegt
im Bergland ein Vulkankrater, der noch aus allen Löchern dampft.
Überall blubbern heiße Schwefelquellen. Bei ungünstigen
Winden konnten wir den Gestank - wie faule Eier - auch bei uns am Ankerplatz
riechen und nach einigen Tagen war unser Messing an Bord schwarz angelaufen.
Bei einer Wanderung zu diesem Krater kamen wir bei einem Hotel vorbei,
welches so geschickt in den Bergen platziert ist, dass man von seiner
Terrasse aus - wo wir uns ein sündhaft teures Bier leisteten (natürlich
nur der Aussicht wegen) - einen grandiosen Ausblick zwischen den Pitons
hindurch auf die darunter befindliche Bucht hat. Die Appartments dieser
Hotelanlage haben alle diesen gewaltigen Panoramablick und sind alle so
angeordnet, das man von außen nicht in sie hinein sehen kann und
deshalb hat man auch keine Panoramafenster eingebaut, sondern die Wand
zur Bucht hin gleich ganz weggelassen. Wer die Nacht in so einem Nobelapartment
verbringen möchte, muss allerdings mindestens 495,- US$ auf den Tisch
legen. Wir sind lieber wieder auf die "Grete" zurück gegangen.
St. Vincent hatte für uns besonderes in Petto; darüber werde
ich noch gesondert berichten.
Nach der Hauptinsel St. Vincent segelten wir weiter nach Port Elisabeth
auf Bequia, welches uns gut gefallen hat, aber zu touristisch geworden
ist im Vergleich zu früheren Besuchen dort.
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Fangfrischer Fisch in Mayreau.
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Neu war Mayreau: eine kleine Insel von nur 260 Einwohnern. Sehr schöne
Strände, sehr schöne Buchten. Der Inselpfarrer erzählte
uns, das Leben auf dieser Insel sei für ihn nicht ganz leicht, denn
der kulturelle Unterschied der Leute von Mayreau zu St. Vincent sei so
groß wie der von St. Vincent zu Europa. Und er stammte von St. Vincent
und seine Vorfahren aus Portugal. Hier konnten wir ein hässliches
Beispiel verfehlter Entwicklungshilfe beobachten. Bis vor kurzem war die
Insel ohne Strom. Da sie in ewiger Sonne und mitten im Passatgürtel
liegt, könnte sie ihren Energiebedarf gut mit einigen Solarpanelen
und Windrädern decken. Da die Geberländer aber auf einer Verpflichtungserklärung
bestanden, wonach die Insel für die Instandhaltung verantwortlich
zeichnen sollte, haben diese das Angebot abgelehnt. Niemand lässt
sich gerne in die Pflicht nehmen - auch dann nicht, wenn damit ein Geschenk
verbunden ist. Also spendeten die Geberländer ein "Kraftwerk".
Statt ein Häuschen zu errichten und darin einen Dieselgenerator auf
zu stellen, wurden mehrere tausend m² Hang terrassiert, ein zwei
Meter hoher Zaun darum gezogen, eine Maschinenhalle gebaut für drei
Generatoren, (erste Terrasse) eine Trafostation, (zweite Terrasse) und
drei Dieseltanks, (dritte Terrasse). In der Bucht eine Betonpier und von
dort eine Pipeline zu den Tanks. Und drumherum Masten mit Hochstrahlern,
die das Gelände Tag und Nacht taghell beleuchten. Von See kommend
sieht man zuerst das Kraftwerk und erst sehr viel später die Lichter
des Dorfes.
Und noch etwas fiel uns hier - wie auch schon anderswo - auf . Fast täglich
wird dieses kleine Eiland von Kreuzfahrtschiffen angelaufen. Für
wenige Stunden ergießen sich dann bis zu tausend und mehr Touristen
über die Insel, am Strand wird ein Picknick aufgebaut, die Getränke
werden gleich vom Schiff mitgeliefert (wo bleibt die Inselgastronomie?)
und noch bevor der Abend graut, sind alle wieder verschwunden. Für
mich hat das den Anschein von Vergewaltigung.
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Happy Hour Island
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Ostern haben wir auf Union Island verbracht. Dort hat uns besonders eine
kleine, künstliche Insel gefallen, die ein einfallsreicher Inselbewohner
aus Bergen von weggeworfenen Muscheln, dem Sand aus dem Meer und etwas
Zement selbst gebaut hat. Bei Flut ist sie vom Meer umspült, bei
Ebbe kann man über das Riff, auf dem sie erbaut ist, hinwaten, oder
man fährt mit dem Schlauboot hin. So haben wir es an manchen Abend
gehalten. Auf seiner Insel hat er eine ganz kleine Bar errichtet. Dort
stehen dann bei Sonnuntergang die Segler aus aller Herren Länder
und lassen sich den Sundowner munden. Genannt hat er seine Insel Happy
Hour Island. Ideen muss man haben!
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Kristallklares Wasser in den Tobagos Cays
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Nun ja, nun sind wir - wie schon eingangs erwähnt - in den Tobago
Cays. Wir liegen in einer Lagune von glasklarem, türkisfarbenem Wasser.
Umgeben von fünf kleinen, unbewohnten Inseln mit schneeweißen,
palmenbestandenen Stränden. Zum Riff - einem der schönsten und
fischreichsten in der Karibik - sind es nur 100 Meter. Besonders am Außenriff,
wo sich die Riffkante in der unendlichen Tiefe verliert, schwimmen wir
umgeben von immer wieder anderen, riesigen Fischschwärmen. Etwas
unheimlich ist immer der Blick in die Tiefe - man hofft es ja nicht und
glaubt doch immer wieder einen Hai zu sehen. Bisher war das allerdings
noch nicht der Fall. Hier wollen wir noch ein paar Tage bleiben, bis wir
dann nach Carriacou, einer kleinen Insel die zu Grenada gehört, weiter
segeln wollen.
Reinhart
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Wir liegen zur Zeit zwischen Young Island und St. Vincent vor Anker.
Der Kanal zwischen den Inseln ist nur wenige hundert Meter breit und bietet
guten Schutz vor Wind und See. Wir liegen hier schon seit drei Tagen und
grad eben hatten wir Besuch von drei Kriminalbeamten - zwei Männern
und einer Frau - die sich bei uns nur bedingt wohl gefühlt haben,
da die "Grete" sich doch leicht in einer langen Dünung
wiegt und diese Leute das erste Mal auf einem Schiff waren, hielten sie
sich immer mit einer Hand fest, selbst wenn sie saßen. Wir hatten
einige Unterlagen für sie zusammengestellt und tauschten e-mail Adressen
aus. Ich hatte sie mit dem Dinghy vom Anlegesteg abgeholt und als wir
an der Lotsenleiter der Grete anlegten, wollten alle drei gleichzeitig
auf die "Grete" übersteigen. Während der Chef schon
halb an Bord war, hing die Frau fast waagerecht zwischen Schiff und Schlauchboot.
Gott sei Dank ist keiner ins Wasser gefallen. Es gab viel Gelächter
als dann alle an unserem Biergartentisch saßen. Als wir ihnen Getränke
anbieten wollten, lehnten sie zunächst ab - es war erst 10 Uhr Vormittags
- fragten dann aber doch, ob wir deutsches Bier an Bord hätten. Als
wir dieses bejahten, aber sagten, dass wir nur Heineken kalt hätten,
tranken sie Heineken und nahmen noch ein deutsches Bier mit nach Hause.
Aber vielleicht sollte ich die Geschichte doch von Anfang an erzählen.
Also: Der "Vermont Nature Trail" ist ein Pfad durch gebirgigen
Regenwald auf St. Vincent. Er führt durch ein Gebiet in dem die letzten
500 St.Vincent Papageien leben. Diese vom Aussterben bedrohte Art (Vincy
genannt), kommt nur auf dieser Insel vor. Im Botanischen Garten von Kingstown
- der Inselhauptstadt - werden sie nachgezüchtet und dann ausgewildert.
Dort hatten wir sie bereits vor drei Tagen bewundern können. Jetzt
wollten wir sie in freier Wildbahn erleben. Wir fuhren also mit dem Bus
bis Vermont, einem kleinen Bauerndorf im Buccamentvally. Von dort aus
wanderten wir eine schmale Straße aufwärts. Es war ziemlich
heiß. Hier fehlte der immerwährende Passat, der die Küstenregion
so angenehm macht. Die Luftfeuchtigkeit war hoch, es hatte vor kurzem
geregnet und der Asphalt dampfte. Überall stand Wasser in den Schlaglöchern;
wir kamen nur langsam voran, denn die Steigung der Straße war beträchtlich.
Nach einer knappen Stunde hatten wir den Beginn des Trail erreicht. Auf
dem Wege dorthin waren wir nur wenigen Leuten begegnet. Unter anderem
einer alten Frau, die uns ganz herzlich begrüßte, uns immer
wieder den Weg beschrieb, wobei sie große Schwierigkeiten mit der
Richtungsangabe hatte. Selten stimmten Handbewegung und Wort überein
und als sie sich dann noch einmal um 180° drehte, wusste sie selbst
nicht mehr weiter und lachte nur noch. Mit vielen "have a nice day"
und " God bless you, Darling" entließ sie uns zum Berg
hin. Am Anfang des Trails war das "Nature Trail Center", wo
uns eine junge Frau fragte, ob wir einen Führer wollten. Falls nicht,
würde sie uns anhand von Schautafeln eine Einweisung geben, was sie
dann auch tat. Nach zwanzig Minuten machten wir uns auf den mit 2 ½
Stunden angegeben Rundweg. Der Pfad ließ sich gut gehen. Alle Steigungen
waren mit quer gelegten Rundhölzern gegen Abrutschen gesichert, über
die Bäche waren hölzerne Brücken geschlagen. Immer wieder
waren Tafeln am Wegrand aufgestellt, welche die verschiedensten Bäume,
Sträucher, Epiphyten, Farne und vieles mehr erklärten. Immer
wieder staunend über die Vielfalt des tropischen Regenwaldes erreichten
wir nach einer knappen Stunde eine Bank auf einer Anhöhe, wo man
durch ein Schild aufgefordert wurde zu Verweilen und den Papageien zu
lauschen. Wir ließen uns gerne auf der Bank nieder um zu verschnaufen
und dem vielstimmigen Geschrei der Papageien zu lauschen. Gehört
haben wir viele - gesehen leider keinen.
Nach einigen Minuten sah ich den Kopf eines Mannes über der Böschung
auftauchen, hinter welcher der Weg zu uns heraufführte. Ich sagte
zu Katrin: "Wir bekommen Besuch". Als sie in die Richtung schaute,
war er hinter einem dicken Baum verschwunden, um den herum der Weg verlief.
Es dauerte dann etwas länger als ich erwartet hatte, bis er hinter
dem Baum wieder auftauchte. Von seinem Gesicht war nicht viel zu sehen,
denn unter der Baseballkappe verbarg ein rotes Taschentuch Nase und die
untere Gesichtshälfte. Ich hatte schon häufig Männer gesehen
- Feldarbeiter oder Hirten - die sich auf diese Weise gegen den Staub
schützten, mir kam allerdings nicht in den Sinn, dass es hier im
Regenwald nicht staubig war. Er näherte sich uns mit bedächtigen
Schritten und als er direkt vor uns halt machte, begrüßten
wir in freundlich - so wie es hier überall üblich ist. Erst
als er jetzt einen Sack hob, in dem sich etwas längliches verbarg,
in dem auch sein rechter Arm steckte und er uns anbellte: "Give me
your money, quick, or I shoot you!", wurde ich mir des Ernstes der
Situation bewusst. Als ich ihn jedoch nur ungläubig ansah und fragte:
"What do you mean?", packte er mich an der Schulter, warf mich
zu Boden und während er mich mit einer Hand zu Boden drückte
- ich lag mit dem Gesicht nach unten - nestelte er mit hektischen Bewegungen
an meinem Rucksack herum, bis er diesen frei hatte. Er griff dann nach
meinem Handgelenk um sich die Uhr anzueignen, konnte das Schloss aber
nicht lösen. Inzwischen war mir klar geworden, dass Kooperation das
beste Mittel war um die Lage zu entschärfen. Zwar glaubte ich keinen
Moment, dass er ein Gewehr in seinem Sack versteckt hielt - die Probe
aufs Exempel wollte ich aber doch lieber nicht machen. Ich löste
also die Uhr von meinem Handgelenk und gab sie ihm. In der Zwischenzeit
hatte er auch Katrin befohlen sich auf den Boden zu legen. Sie lag hinter
mir, so dass ich sie nicht sehen konnte. Nun suchte er in meinen Gesäßtaschen
nach meiner Geldbörse und als er sie nicht finden konnte - ich hatte
keine dabei - blaffte er mich sichtlich nervös an: "Where is
your vallet?" Ich zog etwa 120 EC$ (knapp 50,-€) aus meiner
Brusttasche und versicherte ihm, dass ich kein weiteres Geld hätte.
Nun wandte er sich Katrin zu und verlangte ihr Geld. Er war nur schwer
davon zu überzeugen, dass nur ich Geld dabei hatte. Dann fragte er
uns, wo unser Taxi sei. Katrin erwiderte, wir hätten kein Taxi, worauf
er fragte, wie wir gekommen seien. Als Katrin sagte, wir seien mit dem
Bus gekommen, wurde er noch nervöser und bekam es mit der Angst zu
tun (jedenfalls hatten wir diesen Eindruck), denn er meinte wohl, wir
seien mit einem Touristenbus gekommen, was bedeutet hätte, dass noch
mehr Leute in der Gegend sein müssten. Daraufhin herrschte er uns
an auf zu stehen, weiter zu gehen, uns nicht umzudrehen und nichts der
Polizei zu erzählen, denn sonst würde er uns erschießen.
Als Katrin neben mir auftauchte gingen wir auf dem Pfad weiter und als
ich mich nach 10 oder 15 Metern vorsichtig umdrehte, war er verschwunden.
Wir beschlossen dem Rundweg weiter zu folgen, obwohl es die weitere Strecke
war; auf dem Weg zurück zu gehen, erschien uns nicht ratsam. Nach
einer knappen Stunde - wir schritten jetzt schneller aus und hatten nur
noch wenig Sinn für die uns umgebende Natur - erreichten wir das
Zentrum. Dort meldeten wir der jungen Frau, die uns zu Beginn empfangen
hatte, den Vorfall. Sie und ihr Vorgesetzter, sowie etwa zehn Leute des
neben dem Zentrum gelegenen Wasserwerkes, welches das Bergwasser in Röhren
leitete und zu Tal schickte und die gerade Feierabend machten, zeigten
sich sehr betroffen. Alle verdammten die Tat und meinten, dass so etwas
hier oben noch nie da gewesen sei und das dieses böse Folgen für
den Tourismus zum "Nature Trail" haben würde. (Der übrigens
vom WWF unterstützt wird und keinen Eintritt kostet.) Die junge Frau
rief dann die örtliche Polizei an und sie und wir wurden von den
Wasserwerkern dann dorthin gefahren. In der Polizeistation von Vermont
wurden wir von den dort anwesenden vier Polizisten mitfühlend in
Empfang genommen und nachdem sie unsere Namen notiert hatten, bedeuteten
sie uns noch einen Moment zu warten, denn die Kripo aus Kingstown sei
bereits verständigt und unterwegs. Tatsächlich tauchten auch
schon bald drei Kripobeamte dort auf. Nach einer kurzen Befragung brachen
dann die drei Kripoleute, zwei Polizisten, die junge Frau vom Zentrum
und wir zum "Nature Trail" auf zur Ortsbesichtigung. Als wir
anhand der am Zentrum aufgestellten Tafel, welche den Weg beschrieb, zeigten
wo es passiert war und die Beamten sehen konnten, dass der Weg durchaus
beschwerlich werden konnte, blieben zwei Kripobeamte und die junge Frau
zurück. An die Stelle der letzteren trat jetzt der Leiter des Zentrum,
der selbst sehr aufgebracht über das Vorgefallene war. Er eilte uns
voraus, dass wir kaum folgen konnten. Kurz vor Erreichen des Tatortes
fanden der Kripomann und der Zentrumsleiter mehrere deutliche Fußabdrücke
die in entgegengesetzte Richtung wiesen. (Der Trail wird normalerweise
immer in der gleichen Richtung durchwandert). Es waren wohl die Abdrücke
des Täters, denn er hatte schwere Stiefel getragen und beim schnellen
Bergablaufen hatten sich die Absätze tief in den weichen Waldboden
gedrückt. Die Beamten nahmen aber keine Abdrücke, denn sie hatten
nichts an Hilfsmitteln mitgebracht. Am Tatort selbst hatte der Täter
alles für ihn Wertlose, wie Reiseführer, leeres Brillenetui,
Wasserflasche usw. weggeworfen. Die Polizei sammelte die Gegenstände
in eine von uns mitgebrachte Plastiktüte, wickelte die Wasserflasche
in mein Taschentuch und dann ging es den gleichen Weg wieder zurück.
Gegen Sonnenuntergang trafen wir zum zweiten Mal an der Polizeistation
ein. Nun wurden Katrin und ich getrennt von einander zu unserer Person
befragt Außerdem wollte die Polizei genau wissen wie wir zum Tatort
gekommen waren. Wir mussten unseren Weg seit unserer Abfahrt in Bremerhaven
vor neun Monaten mit Datum und Uhrzeit über alle Stationen bis zur
Berghöhe schildern. Das Protokoll allein darüber betrug fünf
Seiten. Uns roch das keineswegs nach Schikane. Man wollte uns helfen und
dazu eben alles nur Denkbare über uns und den Vorgang wissen. Die
Täterbeschreibung fiel uns nicht ganz leicht. Schon während
unseres Abstiegs nach dem Vorfall hatten Katrin und ich uns gewundert,
wie unterschiedlich unsere Beobachtungen hinsichtlich der Kleidung des
Täters - besonders der Farbe derselben - waren. Um acht Uhr hatten
wir die Katze dann endlich im Sack. Nun hofften wir, dass es heimwärts
gehen würde. Die Kripobeamten hatten uns bereits vorher versichert,
dass sie uns bis zum Schiff fahren würden. Doch leider weit gefehlt.
Sie fuhren erst noch mit uns in ihrem Wagen - so einem kleinen Japaner,
der im Inneren vorne aussieht wie ein Rennwagen, von Außen wie ein
Geländewagen und im hinteren Teil nur eine winzige Notbank hat und
wohinein wir uns zu fünft quetschten - in halsbrecherischem Tempo
zum Polizeichef persönlich. Der Police Superintendent empfing seine
Beamten auf der Terrasse seines Privathauses - nicht ohne sich bei uns,
die wir noch im Auto saßen - vorgestellt zu haben. Offensichtlich
wurde der Fall diskutiert, wenngleich wir nicht viel von der Unterhaltung
mit bekamen, denn bei uns im Radio lief mit beträchtlicher Lautstärke
gerade eine Sendung, bei der das Für und Wider des Golfkrieges diskutiert
wurde. Sowohl der sehr professionell wirkende Moderator (den ich für
einen Priester oder Prediger hielt) als auch die verschiedenen Anrufer,
erwiesen sich als absolut bibelfest. Religion und Kirche spielen im täglichen
Leben der hiesigen Bevölkerung eine ganz zentrale Rolle. Und so wurde
mit Lukas 12 und Hesekiel Präsident Busch verdonnert und Sadam Hussein
verteidigt (oder umgekehrt). Kein Argument für oder gegen den Krieg
ohne Bibelbezug. Katrin und ich mussten oftmals staunen, wenn wir unsere
eigene Meinung plötzlich durch ein Bibelzitat bestätigt sahen.
Es war sehr interessant dieser Sendung zu lauschen, doch vergingen wir
fast vor Hunger und wollten nach Hause. Seit dem Frühstück hatten
wir nichts mehr gegessen und nur einige Schlucke Wasser getrunken. Der
Polizeichef schien unseren knurrenden Magen gehört zu haben, denn
plötzlich bat er auch uns auf die Terrasse und servierte selbst gebackenen
Kuchen und selbst hergestellte Limonade (Wohl nicht durch ihn, sondern
durch seine Frau hergestellt). Einfach köstlich! bei unserem Hunger.
Die Besprechung schien zu Ende zu sein, denn jetzt wollte der Police Superintendent
wissen wie wir über den Krieg dächten und als er merkte, dass
wir den Krieg genauso wie er ablehnten, holte er noch mal Kuchennachschub.
Nachdem wir noch ein wenig über unsere Reise und er über seine
bevorstehende Pensionierung berichtet hatten, ging es dann endlich nach
Kingstown. Nachdem wir einen Beamten zu Hause abgeliefert hatten fuhren
wir noch ins Police Headquarter, wo die verbliebenen beiden Beamten das
Beweismaterial ablieferten und mit einer Palette Knickeier auf dem Schoß
des Beifahrers rasten wir der "Grete" entgegen. (Ich hatte den
einen Polizisten einmal gefragt - als ein PKW dicht an uns, die wir im
Hauseingang standen, in einer engen Straße mit wohl 80 Sachen an
uns vorbeipreschte - ob es denn keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der
Insel gäbe. "Doch", hatte er geantwortet "15 mph in
Kingstown, anderweitig 25 mph. ( 23 bzw. 37 k/h), aber wir haben keine
Möglichkeit, dieses auch durch zu setzen". Es war 23 Uhr, als
wir endlich an Bord waren und erst mal ein Bier aufmachten. Die Beamten
wollten uns am nächsten Tag dann noch einmal besuchen, um Unterlagen,
wie Seriennummern usw., über das abhanden gekommene Gut zu bekommen.
Und jetzt eben waren sie hier. Morgen sollen wir dann das Beweißmaterial
zurückbekommen. Sie sind sich alle sehr sicher, dass sie den Täter
schon bald fassen würden.
Der Alptraum ist zu Ende
Seit gestern Abend liegen wir in der Admirality Bay auf der Insel Bequia,
die zu St. Vincent gehört, vor Anker. Wir hatten am frühen Nachmittag
den Anker vor Young Island gelichtet und sind hierher nach Bequia gesegelt.
Es war eine unserer bisher schönsten Inselpassagen. Der Passat wehte
aus Ost, was für uns Bagstagsbrise bedeutete, also leichtes Segeln
mit eher achterlichem Wind der Stärke 5 und nur mäßig
bewegter See unter strahlend blauem Himmel. So hatten wir die Admirality
Bay noch vor Sonnenuntergang erreicht. Wir atmeten auf und noch bevor
wir die Segel einpackten und das Deck aufklarten, holten wir uns ein Bier
aus dem Kühlschrank, hockten uns auf die Heckbank und genossen den
Sonnenuntergang. Wir sahen uns an und spürten, wie der Stress der
letzten Tage von uns abfiel. Ich hatte zuletzt davon berichtet, wie die
Polizisten am Tag nach dem Überfall bei uns an Bord waren. Sie hatten
z.B. Rechnungen mit den Seriennummern der gestohlenen Gegenstände
mitgenommen und diese sollten wir am nächsten Tag dann bei ihnen
wieder abholen. Das taten wir dann auch. Staff Sergeant Williams händigte
uns unsere Papiere sowie die Dinge, die der Täter weggeworfen hatte
aus, nicht ohne uns noch einmal sein Bedauern über den Vorfall ausgesprochen
zu haben. Seine Ermahnung, doch in Zukunft recht vorsichtig zu sein, schrieb
ich eher seiner Verlegenheit zu; er wollte gerne noch etwas persönliches
sagen, aber ihm fiel nichts passendes ein.
Am nächsten Tag wollten wir St. Vincent dann verlassen, doch der
Wind war so kräftig, dass wir uns entschlossen, noch einen Tag zu
bleiben. Am nächsten Morgen, es war inzwischen Sonntag, der 6. April,
und wir waren noch mit unserer Morgentoilette beschäftigt, hörten
wir eine laute Stimme rufen: "Mr. Bien" (so heiß ich immer
bei den englischsprachigen Leuten), und noch mal: "Mr. Bien".
Ich steckte meinen Kopf aus dem Luk und sah "unsere" Kripobeamten
in einem Dienstfahrzeug längsseits dümpeln. Schnell forderte
ich sie auf an Bord zu kommen. Diesmal klappte das Übersteigen besser.
Zu unserer großen Überraschung hielten sie uns Kamera und Uhr
unter die Nase. Sie hatten nicht nur unsere Sachen, sie hatten auch den
Täter - und den Stolz darüber konnte man in ihren Augen sehen.
Detective Marsiah, ein pechschwarzer Bär von Gestallt - dem ich nicht
Nachts allein auf der Straße begegnen möchte - lachte voll
Freude über den Erfolg und fragte schnell noch nach einem Bier. Gerne
holte ich fünf Bier heraus (so viele waren gekommen, um uns die freudige
Nachricht zu überbringen), und noch zwei für die Bootfahrer.
Marsiah setzte die Dose zweimal an, dann war sie leer und die Beamten
fuhren wieder von dannen; nicht ohne uns aufgefordert zu haben, am nächsten
Tag, dem Montag, ins Police Headquarter zu kommen, um ein weiteres Protokoll
zu unterschreiben. Also mussten wir unsere Abreise um einen weiteren Tag
verschieben. Am Montag Morgen fanden wir uns rechtzeitig im Headquarter
ein, unterschrieben einige Protokolle, in den festgehalten wurde, dass
wir unser Eigentum als uns gehörig identifiziert hatten und glaubten,
wir könnten nun mit unseren Sachen gehen. Doch weit gefehlt. Detective
Ballantyne, ein kleiner, drahtiger Mann von mittelbrauner Hautfarbe, mit
kurz geschorenen Haaren, bei denen an der linken Seite an Stelle eines
Scheitels eine kunstvoll mit der Rasierklinge ausgeschnittene geschwungenen
Linie zu sehen war die in einem Blitz endete, bat uns noch etwas zu bleiben,
er wolle noch kurz mit dem Chef sprechen. Superintendend James hatten
wir ja bereits kennen gelernt, jetzt lernten wir, dass es auch noch einen
Chief Superintendent gab. Ballantyne begab sich zu einer geschlossenen
Tür, richtete sich zu voller Größe auf, rückte den
Schlips noch mal zurecht und klopfte an. Nach wenigen Minuten kam er dann
mit dem Oberboss zurück. Zwar stellte dieser sich bei uns vor, seinen
Namen habe ich aber nicht verstanden. Er versicherte uns, wie leid es
ihm täte was passiert war und dass er uns außerdem noch bitten
würde, bis zur Verhandlung zu bleiben. Er würde einen Eiltermin
beantragen, welcher entweder noch am Nachmittag, oder aber am nächsten
Morgen sein sollte. Wir wurden gebeten, nach der Mittagspause noch einmal
vorbei zu sehen, denn dann wüsste er mehr. Wir verbrachten eine Weile
im Internet Café und erfuhren um 13 Uhr 15, dass wir am nächsten
Morgen um 9 Uhr zur Verhandlung kommen sollten. Alle diese Begegnungen
bei der Polizei fanden in einem sehr großen Raum statt, in dem ein
gutes Dutzend Schreibtische standen und wo fast die ganze Zeit Leute vernommen
wurden. Es ging durchaus laut zu. Und auch bedrückend. Während
alle anderen verhört wurden, waren wir als Zeugen, bzw. Opfer, einer
ganz anderen - sehr zuvorkommenden, höflichen - Umgangsform für
würdig befunden worden. Besonders die Frau in diesem Team, Detective
Maloney, hat großen Eindruck auf mich gemacht. Eine rundliche Person,
nicht besonders groß, mit einem eher watschelnden Gang, da sie ihre
Füße extrem mit den Spitzen nach innen setzte, war die Freundlichkeit
in Person und strahlte dabei eine unglaubliche Selbstsicherheit aus.
Wir erklärten uns also bereit, unsere Abreise noch einmal um einen
Tag zu verschieben. Und so tauchten wir dann am Dienstag um neun Uhr im
Headquarter auf, wo uns Captain James und Detective Ballantyne noch mit
einigen Verhaltensmaßregeln bedachten und uns dann in die Obhut
eines Mannes gaben, der uns zum Gericht bringen sollte. Auf unserem Wege
dorthin kamen wir an "Her Majesty´s Jail" vorbei - St.Vincent
gehört zum Commonwealth und somit ist Queen Elisabeth Staatsoberhaupt
- und ich musste denken, dass Ballantyne dort wohl jetzt den mutmaßlichen
Täter abholen würde, den wir dann zwecks Gegenüberstellung
im Gericht wiedersehen würden. Dieser Gedanke verursachte uns beiden
beträchtliches Unbehagen. Es ist schon ein seltsames Gefühl,
schon bald mit einem Mann konfrontiert zu werden, der einen vor wenigen
Tagen überfallen hatte und der jetzt einer alles andere als rosigen
Zukunft entgegensah.
Der Prozess
Kurz nach neun betraten wir den Gerichtssaal. An der Tür hielt mich
ein uniformierter Gerichtsdiener an, deutete auf meine Körpermitte
und sagte etwas, was ich nicht sofort verstand. Wir hatten für den
Gerichtstermin natürlich unsere übliche Seglerkleidung zu Hause
gelassen: Katrin trug ein langes, rotes Leinenkleid, ich hatte eine helle
Hose angezogen und trug ein sportlich-elegantes Freizeithemd über
der Hose. Ich nahm nun an, dass der Saaldiener nicht sehen konnte ob ich
unter dem Hemd vielleicht Waffen trug. Ich hob also das Hemd soweit an,
dass er den Gürtel sehen konnte, dann wollte ich weitergehen. Aber
nein, damit war er nicht zufrieden. Nun bedeutete er mir freundlich aber
bestimmt, dass ich das Hemd in die Hose zu stecken hätte. Erst als
ich dieser Aufforderung folge geleistet hatte, durfte ich den Saal betreten.
Es war ein großer, kahler Raum. Der einzige Farbtupfer kam von den
einfachen, aber leuchtend bunten Baumwollvorhängen, die hier fast
etwas deplaciert wirkten. An der Stirnseite ein etwas erhöhtes Richterpult;
rechts und links davor (ebenfalls erhöht) zwei weitere Pulte. Links
der Stand des Angeklagten, rechts der Zeugenstand. In der ersten Reihe
einige Tische für die Anklagevertreter, bzw. Verteidiger. Dahinter
etwa zehn Stuhlreihen, aus einfachen, abgenutzten Metallklappstühlen,
in denen wir jetzt aufgefordert wurden Platz zu nehmen. Wir sahen einige
bekannte Gesichter, so begrüßte uns sogleich die junge Dame
vom Nature Trail, die uns jetzt mit ihrem Chef bekannt machte, der zu
ihrer Unterstützung mit gekommen war.
An der linken Längsseite befand sich eine lange Bank, auf der mehrere
Männer saßen, je zwei und zwei mit Handschellen aneinander
gefesselt. Die Atmosphäre war bedrückend, Gewalt und Aggression
schien latent in der Luft zu liegen. Die meisten Männer schienen
psychisch angeknackst zu sein und ziemlich herunter gekommen. En junger
Polizist, welcher hier wohl die Aufsicht führte, schien mir absolut
fehl am Platze; im Gegensatz zu der hier üblicherweise eher legeren
Körperhaltung stolzierte er kerzengrade durch den Saal, die Dienstmütze
soweit auf die Nase gezogen, dass ich mich wunderte, wie er überhaupt
etwas sehen konnte, das Stöckchen waagerecht unter den Arm geklemmt,
schien er einem Journal mit Dienstvorschriften von "Her Majesty´s
Police Corps" entsprungen zu sein.
Dann kam Ballantyne mit unserem Mann. Er hatte seine gesamte persönliche
Habe in einer Reisetasche und einem Seesack dabei. Kaum saß er,
zog er ein zerfleddertes Buch aus seinem Gepäck, entnahm diesem mehrere
Briefe, die er sorgfältig glättete und in denen er zu lesen
begann. Uns erschien diese Handlungsweise irgendwie fehl am Platze. Er
machte den Eindruck psychisch derangiert zu sein. Obwohl ich ihn am Trail
nur kurz und dazu vermummt gesehen hatte, kam er mir bekannt vor. Die
Augenpartie, die ich mir besonders gut eingeprägt hatte, und die
lockigen Haare über den Ohren erkannte ich sofort. Nur schien er
mir jetzt wesentlich größer. Er war annähernd 1,90m. Später
- als er im Stand des Angeklagten stand - konnte ich sehen, woran es lag.
Er stand dort sehr gebückt und so war er auch uns gegenüber
getreten. Doch bevor es soweit war, rief der Richter einen der Männer
auf der langen Bank nach dem anderen auf. Sie traten in den Stand, der
Richter fragte: "Sind Sie derjenige, der von seinem Vater den Namen
xyz erhalten hat"? Der Angeklagte bestätigte und der Richter
fuhr fort: "Sie werden des Vergehens xyz beschuldigt.
Bekennen Sie sich schuldig oder nicht schuldig"? Alle Angeklagten
bekannten sich sofort schuldig und der Richter sagte jeweils, dass das
Urteil nach der Verhandlung verkündet werden würde. Nur in einem
Falle - der Angeklagte hatte ein Auto demoliert - verhängte er sofort
eine Strafe von 500 EC$. Keiner dieser Männer hatte einen Anwalt
zur Seite. Alle wirkten sie irgendwie verloren, verzweifelt. Zweimal kamen
Anwälte in den Saal, nahmen einen Moment Platz, sahen sich um und
gingen wieder. Junge Männer in eleganten, wenn auch schon etwas fadenscheinigen,
dunklen Anzügen; der eine mit Pferdeschwanz, der andere mit sehr
gepflegten Rastazöpfen. Mit letzterem haben wir nach der Verhandlung
kurz gesprochen. Wir haben ihn gefragt, ob die Angeklagten kein Recht
auf einen Pflichtverteidiger haben würden. Er sagte uns, dass das
nur im Falle von Mord so sei, ansonsten müsse man eben Geld für
einen Anwalt haben. Und das hatten diese Leute offensichtlich nicht.
Bei "unserem" Täter verlas der Richter zwei Anklagen. Jeweils
bewaffneter Raubüberfall auf Katrin und mich. Er erklärte sich
in beiden Fällen sofort für schuldig, obwohl er am Tage vorher,
der Polizei gegenüber, die Tat noch geleugnet hatte. Dort hatte er
erklärt, jemand habe die entwendeten Sachen bei ihm untergestellt
und ihm gedroht, falls er die Polizei benachrichtigen würde, ihn
zu erschießen. Nachdem er uns aber im Gerichtssaal gesehen hatte
- und er hatte uns, während er auf der langen Bank saß, immer
wieder angesehen - hat er sich dann wohl gesagt, dass Leugnen keinen Zweck
hätte. Zur Tat befragt gab er an, dass er Moslem sei und in Pakistan
studiert hätte. Nun seien aber die Studienbriefe, mit deren Hilfe
er sein Studium zu Hause fortsetzen wollte, gestohlen worden und darüber
sei er so verzweifelt gewesen, dass er nicht mehr ein noch aus gewusst
hätte. Dann bat er um die Milde des Gerichts. Der Richter verkündete
darauf, dass das Verfahren gegen ihn am High Court fortgesetzt werden
würde, da ein Strafmaß von mehr als zwei Jahre zu erwarten
sei und das dürfte dieses Gericht nicht verkünden. Darauf hin
wurde der Angeklagte aus dem Saal geführt. Da er sich sofort schuldig
bekannt hatte, wurden keine Zeugen vernommen. Wir waren erleichtert und
bedrückt zugleich. Erleichtert, da wir ihn nicht identifizieren mussten
und bedrückt, weil wir ein Gefühl der Schuld nicht los werden
konnten. Ein Gefühl, das er jetzt unseretwegen für sieben bis
zehn Jahre seines Lebens hinter Gitter würde verbringen müssen.
Er war 32 Jahre alt; sein Leben wahrscheinlich verpfuscht. Ich weiß,
es war nicht unsere Schuld - aber kann man etwas gegen Gefühle machen?
Katrin sagte mir später, für sie sei die Verhandlung schwerer
zu ertragen gewesen, als der Überfall.
Nach der Verhandlung lehnten wir es ab von der Presse fotografiert zu
werden. Uns war nicht danach zu Mute. Mit der jungen Frau vom Nature Trail
gingen wir noch in ein Café und tauschten Adressen aus. Sie war
sehr erleichtert, denn der Angeklagte war aus ihrem Dorf und sie hatte
der Polizei den Tipp gegeben. Als der Täter flüchtete, nachdem
die Polizei das Diebesgut bei ihm sichergestellt hatte, hatte sie große
Angst ausgestanden, denn sie hatte einen zweijährigen Sohn und befürchtete
einen Racheakt. Am nächsten Morgen haben Bewohner eines kleinen Küstenortes
den Täter dann festgehalten, als er mit einem Boot zu fliehen versuchte
und ihn der Polizei übergeben.
Alles in allem kann man sagen, dass sowohl die Polizei wie auch die Bevölkerung
sehr daran interessiert war, das Verbrechen auf zu decken und den Täter
dingfest zu machen. Immer wieder wurden wir gefragt, ob uns St. Vincent
denn trotz dieses bedauerlichen Vorfalls gefallen habe und ob wir denn
trotzdem noch mal zurückkehren würden. Es war eine regelrechte
Welle der Sympathie. Zwar hatten wir uns immer gewünscht auf unserer
Reise Land und Leute kenn zu lernen, doch nicht auf diese Art.
Doch trotz allem: St. Vincent ist immer eine Reise Wert
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Dominika ist ganz anders als Guadeloupe, ohne den starken französische
Einfluss, so habe ich mir die Karibik eigentlich vorgestellt. Es fehlen
die typisch französischen großen nicht sehr attraktiven Bauten,
dafür findet man kleine meist bunte Holzhäuser, das Leben findet
vor den Häusern statt, quirlige Lebensfreude, Musik, man wird angesprochen,
jeder will etwas verkaufen, das Land ist schon auf den ersten Blick sehr
viel ärmer.
Den glücklichen Umstand, das wir keine allzu drängenden Arbeiten
zu erledigen haben (und wir auch innerlich ruhiger werden, auch mal eine
Reparatur ohne schlechtes Gewissen liegen lassen können) nutzen wir
aus und machen einige sehr schöne Ausflüge. An Führern
hierfür besteht kein Mangel. Immer wieder werden wir von kleinen
Booten angesteuert. Die Besitzer stellen sich vor, alle haben sehr phantasievolle
Namen, um sich unverwechselbar zu machen (Doktor Love, Makkaroni, Mad
Max...) und preisen Ihre Dienste an: sie können einem All4es besorgen,
verkaufen Obst, stehen als Watertaxi zur Verfügung und wollen unbedingt
als Führer für die Tour auf dem Indian River engagiert werden.
Jeder behauptet von sich mit neiderweckendem Selbstbewusstsein, das er
besser ist als alle seine Kollegen im Ort (das heißt praktisch besser
als alle anderen Männer im Ort, denn es gibt fast niemanden der einen
nicht anspricht und versucht ein Geschäft zu machen). Insgesamt ist
die Stimmung aber freundlich entspannt und unaufdringlich.
Auch wir machen die Tour im Ruderboot auf dem Indian River: der langsam
dahinfließende kleine Fluss liegt im Schatten, wird gesäumt
von Mangroven deren Wurzeln in bizarem Geflecht aus dem Brackwasser wachsen,
immer wieder anders und wunderschön..
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Im Regenwald von Dominica
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Mit (Mad)Max machen wir einen Ausflug zu den Emerald Pools, einem natürlichen
Pool am Fuße eines Wasserfalls, umgeben von hohen Bäumen und
Riesenfarnen.. Auch wenn es mir hier gut gefallen hat, das schönste
war die Fahrt durch üppig tropische Vegetation, durch fruchtbare
Täler, über Berge mit gigantischer Aussicht, am Meer entlang,
durch das Gebiet der letzten Kariben, der ursprünglichen Einwohner
der Insel. Und Max zeigt uns nicht nur vieles, das uns sonst nicht aufgefallen
wäre, er ist auch so stolz auf seine Heimat und fragt uns immer wieder
die wichtigsten Dinge über sein Land ab. Zum Glück haben wir
die Reiseführer aufmerksam gelesen und können meist die richtige
Antwort geben. Unterwegs versorgt er uns reichlich mit Proviant: Kokosnüsse
werden gekauft und mit der Machete aufgeschlagen, um ihr Wasser als kühle
Erfrischung zu trinken, eine Bananenstaude, die später am Schiff
aufgehängt wird, riesige Pampelmusen, Maracujas, wir können
später kaum alles an Bord tragen.
Ich bin sehr froh in Portsmouth eine Woche Zeit zu haben und nicht gleich
weiter zu segeln. Im Ort kennen wir jetzt schon viele Leute, alles ist
schon vertraut, wir haben die teils recht versteckten Läden gefunden,
kennen auch schon die üblichen Preise (das macht das Verhandeln deutlich
entspannter).
So ein Einkauf verläuft ungefähr so: ich fahre an Land (mit
dem Dinghy also unserem Schlauchboot) mit der Idee irgendetwas leckeres
zu kochen (kein außergewöhnlicher Gedanke). Dann beginne ich
durch den langgestreckten Ort zu laufen, hier und da zu grüßen
oder kurz zu reden. Ich höre ein lautes Tuten (verursacht durch das
Blasen in eine Conch-Muschel), dessen Bedeutung mir nicht ganz klar ist,
aber ich sehe wie zahlreiche Frauen mit Plastiktüten auf einen ganz
in der Nähe parkenden Pick-up zuströmen, ich schließe
mich an und entdecke, dass es sich um den Fischmann handelt. Auf der Ladefläche
liegen Teile von zwei riesigen Fischen (Thun und blue Marlin) mit Palmwedeln
gegen die Sonne geschützt. Ich kaufe eine dicke Scheibe, die mit
der Machete abgetrennt wird. Mit dem Kauf bin ich zufrieden, der Fisch
sieht richtig gut aus, so geht es also weiter auf der Suche nach Gemüse.
In den ersten zwei kleinen Läden finde ich nur Bananen, die brauche
ich nicht, an einen Straßenstand gibt es wunderbare Avocados, auf
der Suche nach Tomaten klappere ich alle weiteren Verkaufsstände
(meist ein kleiner Tisch an der offenen Tür oder einem Fenster einer
Privatwohnung) ab, es gibt keine. Fündig werde ich schließlich
doch noch, als ich eine Frau entdecke, die wiederum von ihrem Pick-up
aus verkauft. Ich bin jetzt zwei Stunden unterwegs gewesen und zweimal
durch den Ort gelaufen. Das Einkaufen hier ist einfach etwas ganz Besonderes,
ein Erlebnis, es macht Spaß und man weiß nie was man findet.
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Kakaoernte
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Unsere Weiterfahrt verzögert sich noch ein bisschen wegen des zunehmend
starken Windes. Dafür haben wir noch einen weiteren Tag mit strahlendem
Sonnenschein, knallblauen Himmel, milder Wärme und stürmischen
Wind. Das allmorgendliche Bad findet in Wellen statt und beim Frühstück
mit Mango, Maracuja, Pampelmuse, Banane, Orange und Avocado müssen
wir aufpassen, das uns das Obst nicht vom Teller fliegt und das Milchpulver
auch tatsächlich in der Tasse landet.
Nach kurzer Motorfahrt kommen wir in der Hauptstadt Roseau an. Der Spaziergang
in die Stadt ist schon etwas gefährlich, denn Bürgersteige sind
nicht existent und die Autos rasen bedrohlich nah an den Fußgängern
vorbei. Roseau ist recht arm, vom Kreuzfahrttourismus geprägt (täglich
liegt ein neuer riesiger Liner an der Pier) und nicht sehr attraktiv,
auf den zweiten Blick aber schon sehr viel netter: viele alte Holzhäuser
in schlechtestem Zustand stehen neben gut erhaltenen oder neuen.
Im Supermarkt kann ich eine Szene beobachten, die für mich sehr viel
über die Menschen hier aussagt: eine beeindruckende schwarzen Frau,
groß, gar nicht schlank, stolz, offen blickend, schiebt ihren Einkaufswagen
durch die Gänge während sie mit umwerfender Stimme vor sich
hinsingt. Ein durchaus attraktiver schwarzer Mann ist von ihr offensichtlich
sehr beeindruckt, er bleibt stehen und beobachtet sie mit eindeutigem
Interesse. Sie bemerkt es, guckt zurück, lacht, sagt zu ihm sehr
selbstbewusst:" hi darling" und geht weiter. Was für eine
Frau, die kann flirten!!!
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Titou Gorge. Rückkehr von atemberaubenden Schwimmerlebnis
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Mit dem Minibus geht es zu den Trafalgar falls, in einem natürlichen
Pool können wir baden und uns abkühlen nach der Kletterpartie
über die Felsen, am nächsten Tag zum freshwater lake, und zu
Titou Gorge, dies ist ein unerwartet spektakuläres Erlebnis: wieder
ein natürlicher Pool, versteckt in den Felsen liegend, gespeist von
einem Fluss und zwei warmen schwefelhaltigen Quellen. Auf den ersten Blick
nichts außergewöhnliches, aber dann schwimme ich den kleinen
Fluss hinauf, der ruhig aus der schmalen Klamm fließt. Es ist sehr
dunkel, das Wasser schwarz, die Felswände erheben sich auf beiden
Seite über 20 m senkrecht nach oben. Nach oben blickend kann ich
den Himmel nicht sehen denn der schmale Felsausschnitt ist dicht mit Farnen,
Büschen und Saprophyten bewachsen.. In der Ferne ist immer deutlicher
ein Wasserfall zu hören. Die Schlucht verengt sich auf 80cm um danach
mit 4m ihre breiteste Stelle zu erreichen. Glatte Felswände steigen
steil auf, das Wasser zieht träge an mir vorbei. Mit klopfendem Herzen
und etwas Angst, immer in der Erwartung irgendetwas könnte aus der
dunklen Tiefe plötzlich aufsteigen oder von oben herabfallen schwimme
ich weiter .Erleichternd zu wissen, dass es in Dominika keine giftigen
Tiere gibt. Nach 300 m nimmt die Strömung plötzlich stark zu
und am Ende kann ich den Wasserfall sehen und dahinter wie durch ein Fenster
im Fels den nächsten. Wunderschön. Aber jetzt drehe ich um,
schwimme wieder sehr zügig dem Ausgang entgegen und erreiche beeindruckt
und erleichtert wieder den Pool. Unter der heißen Schwefelquelle
kann ich noch duschen und mich wieder aufwärmen bevor ich das Bad
endgültig beende und Reinhart, der auf unsere Sachen aufgepasst hat,
überzeuge ,dass er dieses einmalige Erlebnis nicht verpassen darf.
Auf dem Weg von Dominika nach Martinique müssen wir so hoch am Wind
segeln, das wir den Motor zur Unterstützung nehmen.
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Grete meets Alex
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In Fort-de France treffen wir (planmäßig) die Alexander von
Humboldt. Wir gehen dort gerne zu einem Besuch an Bord (denn schließlich
sind wir dort schon beide mitgefahren und wir haben einige sehr schöne
gemeinsame Erinnerungen an diesen Törn) und nehmen dankbar den Dieselfilter
entgegen den wir auf Martinique nicht finden konnten und der uns von dem
Kapitän aus Bremerhaven mitgebracht wurde.
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Träumen vor Traumkulisse
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Wir besuchen St. Pierre und Anse Noir, wo wir zum ersten Mal auf unserer
Reise ausgiebig Schnorcheln und bekommen schließlich von Reinhard
(der unsere Website gestaltet und aktualisiert) und Anneke Besuch.
Nachdem wir auf Martinique hauptsächlich die Buchten genossen haben
machen wir noch einen Ausflug zur Gorge de la Falaise. Wieder eine beeindruckende
Schlucht durch die ein Fluss fließt. Diesmal sind wir aber nicht
alleine, sondern werden von einheimischen Führern begleitet. In Badezeug
mit rutschfesten Sandalen geht es los, erst steil nach unten auf einfachem
Weg, dann durch den schmalen Fluss watend, schließlich schwimmend.
Der schwierige Teil kommt, als wir gegen das hinunterschießende
Wasser nach oben über Felsen klettern bis wir einen schönen
Wasserfall erreichen, unter den wir uns stellen, das kalte Wasser prasselt
auf Kopf und Körper. Danach kommt was ich die ganze Zeit schon gefürchtet
hatte, der Rückweg. Wie Kaminkletterer suchen wir uns über Felsen
hinweg den Weg nach unten oder springen in den unter uns liegenden Fluss.
Ein beeindruckendes Erlebnis das ich besonders genießen kann, nachdem
ich wieder heil bei unseren zurückgelassenen Sachen angekommen bin
Gemeinsam segeln wir nach le Marin, der größten Marina in der
Ost-Karibik. Hunderte von Booten mehrerer Charterunternehmer und viele
Privatyachten liegen dicht gedrängt an der Pier und vor Anker. Alles
(!) ist auf Segeln ausgerichtet, es gibt unzählige Yachtausrüster
und Reparaturbetriebe aller Art. Schön zu sehen, das überall
ordentlich etwas los ist, denn das bedeutet, das nicht nur wir ständig
etwas zu reparieren haben, allen anderen geht es offensichtlich genauso.
Bei uns ist es mal wieder das Funkgerät. Auch den Watermaker den
wir schon auf Gomera eingebaut und angeschlossen hatten, können wir
hier endlich mit technischer Unterstützung zum ersten mal erfolgreich
in Betrieb nehmen.
Zwei Tage verbringen wir dann noch damit uns in dem großen Supermarkt
zu verproviantieren. So günstig wird sich in den nächsten Monaten
keine Gelegenheit mehr zum Einkauf bieten.
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Unendliche Weite
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Hier treffen wir auch Brian von der neuseeländischen Yacht honey,
den wir auf dem Atlantik "getroffen" hatten (siehe Bericht).
Er gibt uns die damals gemachten Fotos. Nachdem wir diesen ziemlich anstrengenden
Teil (besonders das Verstauen der Einkäufe) geschafft haben, können
wir noch Karneval feiern: der Umzug fährt, begleitet von Steeldrums
und lautstarken Ska Rhythmen, an uns vorüber, fröhlich, lachend,
begeistert und bunt verkleidet tanzen Männer und Frauen aller (!!!)
Altersklassen und kleine Schönheitsköniginnen winken huldvoll
von den buntgeschmückten Wagen.
Am Aschermittwoch verabschieden wir und dann von Martinique und segeln
mit 6 Kn und Sonnenschein weiter nach St. Lucia.
Katrin
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